Montag, 4. Februar 2013

Geschichten erzählen. Die richtigen.




Erzählt ihr oft Geschichten? Würdet ihr von euch sagen: Ich bin Erzähler, Erzählerin?

Nein? Unterschätzt euch nicht. Wir alle erzählen Geschichten, tagtäglich: von unserer Familie, Eltern, Geschwistern, Kindern; wie sehr wir sie lieben, und wann sie uns nerven; wie schön die Geburtstagsfeier war; wie schwierig der Krankenbesuch, wie würdig die Beerdigung. Wir erzählen von der Arbeit: welches Projekt wir gerade abgeschlossen haben; wie es mit dem Chef und den Kollegen klappt. Wir erzählen, sofern wir dort aktiv sind, vom Verein oder aus der Kirchengemeinde: vom Gottesdienst am Sonntag vielleicht, vom Gemeindefest, von der Kirchenrenovierung.

Wir alle erzählen Geschichten. So schreiben wir die Geschichte unseres Lebens. Neutrale Beobachter können wir dabei nicht sein. Wir gehören ja mitten hinein. Also lassen wir manches weg, anderes führen wir im Detail aus. Dadurch deuten wir unsere Geschichte. Wir verleihen dem, was in unserem Leben geschieht, einen Sinn. Und das wirkt sich aus auf unser Denken und Handeln, auf das, was wir tun wollen, was uns motiviert, darauf, wie wir gute Zeiten nutzen, wie wir schlechte Zeiten durchstehen. Ja, was wir erzählen, beeinflusst, wie unsere Zukunft aussieht.

Auch für die Wirtschaft hat man das erkannt [vgl. Otto Kruse, Kunst und Technik des Erzählens, Frankfurt a.M. 2001, S. 17]: Wie Angestellte von ihrem Unternehmen erzählen, welche Geschichten über einen Betrieb im Umlauf sind, das beeinflusst wesentlich, welche Perspektiven dieser Betrieb hat, welche Personen in ihm Bedeutung erlangen; und damit also: wie seine Zukunft aussieht.

Darum lohnt es sich, sich dessen viel bewusster zu werden: Was und wie erzähle ich eigentlich von dem, was mir wichtig ist? Sind es tatsächlich die Geschichten, von denen ich mir wünsche, dass sie im Umlauf sind – über mich, meine Familie, meinen Arbeitsplatz, meinen Verein, meine Gemeinde, meine Kirche?
Ich bin der Erzähler. Ich bin verantwortlich.

RPR1 Angedacht
ProtCast Pfalz

Update 06. Februar 2013: Während es mir in diesem Beitrag mehr um die Auswahl und Tonalität der "storys" ging, die sich auf vergangene, bestenfalls gegenwärtige Erfahrungen und Situationen beziehen, legt Matthias Jung im Anschluss an Harald Welzer und Stefan Rammler sehr anschaulich dar, welche Wirkung gerade auch Zukunftserzählungen haben können. Seine Vision vom "Heiligabend 2023" empfehle ich sehr zur Lektüre.

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